Schneedörfl

Schneedörfl ist nach dem Sitz der Herrschaft Sneberg/Sneperc benannt. Man zählt sie zur „Stuppach-Klamm-Schneeberger Sippe“, alles Ministerialen von Formbach-Gloggnitz. Die zahlreichen Nennungen ab ca. 1140 sind jeweils mehrfach belegt und stammen aus dem Saalbuch des Formbacher Codex im UBOE (1). Traditionsurkunden enthalten zunächst keine Datumangaben. Die Jahresangaben sind von vielen Autoren erschlossen und allgemein anerkannt. Die Rechtshandlungen betreffen fast ausschließlich Eigentumszuwendungen an das Kloster Formbach am Inn bzw. seine Propstei Gloggnitz.

Ulricus I. de Sneperg (Odalrich I.)ca. 1140; nennt sich 1140 auch nach Stuppach
Odalrich I. de sneperc et1147 – 1158 i bei der Weihe der Kirche Thernberg
Gerungus frater eius(Weihedatum ungewiss)
Siboto de snepercca. 1150-1170
Megingoz de snepercca. 1150-1190
Poppo de snepercca. 1155
Gerung de snepercca. 1170
Rudolfus de snepercca. 1190
Ulricus II.ca. 1170 – 1190

Der Sitz der Herrschaft wird in der Nähe des seinerzeitigen Hotels Waldschlössl oder im Raum Steinhofgraben vermutet, da hier ein „Burgstall“ verzeichnet war.

Nach 1190 brechen die sicheren Nennungen nach der Herrschaft in Schneedörfl ab. Weltin und andere sahen darin den Abstieg der adeligen Schneeberger zu Dienstmannen des Stiftes Neuberg (3), andere hielten das Geschlecht für ausgestorben, obwohl der Familienname Schneeberger noch heute sehr verbreitet ist.

Reichenau

Stereotyp ist in den zahlreichen Veröffentlichungen über Reichenau bis heute zu finden:
Nach Erledigung der Herrschaft Schneeberg wurde der Herrschaftsmittelpunkt in das Tal verlegt und führte zum Ausbau der Burg Reichenau. Diese nichtssagende Information kann erst durch Recherchen beim großen Lokalhistoriker Reichenaus, Robert Pap, erhellt werden:

Die Herrschaft der Schneeberger wurde von Angehörigen der mit ihnen versippten Herrschaft Klamm übernommen. Sie bauten die Burg Reichenau in einer Schlinge der Schwarza aus und nannten die Herrschaft von da an nur mehr Reichenau (1256 erste Nennung eines Pertoldus de Reichenau, der Standort Reichenau ist schon 1134 genannt).

Im Talbecken waren auch das Kloster Formbach und andere begütert. Nach der verbreiteten bäuerlichen Renneisenproduktion von etwa 800 – 1000 wurde seit 1100 die Eisenproduktion (Abbau und Erzeugung) zunehmend professionell betrieben – z.B. fand sich bei Ausgrabungen in Hirschwang eine Batterie von 3 Schmelzöfen.

Bis zur Schenkung an das Kloster Neuberg 1333 gelang der Herrschaft Reichenau eine Abrundung des Herrschaftsgebietes von Schlöglmühl bis an das Preiner Gscheid.

Schneebergdörfl

Die Herren von Schneeberg waren nicht ausgestorben. Sie befanden sich in einer schlechten wirtschaftlichen Lage, möglicherweise verstärkt durch die großen Schenkungen an das Kloster Formbach zur dafür versprochenen Rettung ihrer Seele vor den ständig angedrohten Qualen der Hölle.

Unter Colo de Sneperc emigrierten sie auf die andere Seite des Schneebergs und errichteten hier ein großes neues Dorf. Sie nannten es wieder Schneeberg. Diese Mitnahme des alten Heimatnamens findet sich auch bei Puchberg aus Puchberg/Scheiblingkirchen, Miesenbach und praktisch allen Wiener Bezirksnamen (Grinzing, Hietzing…) aus dem bairischen Stammland. Sie wird in der historischen Forschung zu wenig beachtet.

Colo wechselte dazu in die Gefolgschaft der Stubenberger, die von St. Egyden am Steinfeld bis Losenheim die dominierende Grundherrschaft waren.

1216 Colo de Sneperc (4) ist der erste in Stubenbergischer Umgebung Genannte als Zeuge einer Schenkung Ulrichs von Stubenberg mit Propst Hezemannus von Seckau und Heinrich von Kapfenberg. Man kann 1216 somit auch Gründungsjahr von Schneebergdörfl nennen.

Colo ist als Lokator (5) und zugleich als Inhaber der neuen Lokalherrschaft anzusehen, die noch über einige Zeit Bestand hatte. Ihr Sitz – eine Burg war wohl zu teuer – müsste sich nach den geltenden Regeln am höchsten Punkt befunden haben. Es wurde „nur“ ein Herrschaftshof auf der „Hofstetten“ = „Bruckerhof“ (heute Stadlmann). (Der „Schwabenhof“ liegt zu weit ab und könnte aus der fränkisch – bairischen Besiedlungsphase herrühren).

1230 Colo de Sneperc (6) ist Teilnehmer am Begräbnis des Wulfing von Stubenberg (sein Grundherr und zweimaliger Kreuzzugsteilnehmer) in Rein mit Wulfing von Fischau, Heinrich von Stein und Rüdiger von Puchberg.

ca. 1260? Haimo und seine Söhne Konrad und Rudeger von Sneperch (7) sind mit Eberhard von Puchberg und Rüdiger von Losenheim genannt.

1282 Vlricus de Sneperg (II.) (8) Hainricus pincerna de Hauspach einigt sich über Weingärten in Rothengub. Weitere Zeugen sind Diepoldus dictus Greul (miles de Gumplaha), Ch. de Willndorf, Siegler Erchenger de Landesere und Chalochus de Schratenstain.

1287 Ulricus de Sneperc (II.) (9) Zeuge mit Heinrich von Stubenberg, Bernhard Teschan und Diepold Greul

Ab etwa 1300 erloschen überall die Lokalherrschaften. Schneebergdörfl selbst blühte jedoch weiter und hatte zeitweise mehr Einwohner als der Zentralort Puchberg.

Schneeberg

Höchstwahrscheinlich schon im Rahmen der fränkisch– bairischen Landnahme vor 900 haben sich bairische Kolonisten hier am Fuße des Gahns neben den Slawen in der Werning durch Rodung des Waldes angesiedelt.

Der Schneeberg ist von hier nicht zu sehen, den Namen gab es noch nicht. Eine lateinische, keltische oder slawische Entsprechung ist auch nicht zu finden. Die Gründer sahen einen Berg mit einem gewaltigen Einschnitt vor sich und nannten den Ort snitperg bzw. sneiteperg, wofür es in Bayern Entsprechungen gab. (10)

Odalrich von Pottschach 1140 hier herrschaftsbildend auftrat, hatte sich der Name lautgesetzlich bereits über sneitperg zu sneperg entwickelt und wurde als Herrschafts-bezeichnung übernommen. Kurz nach 1200 wurde er mit der Neugründung nach Schneebergdörfl transferiert.

Von hier sah man nun ausgezeichnet diesen markanten Berg, oft mit Schnee bedeckt. Es passte bestens, ihn wie den Ort ebenfalls Schneeberg zu nennen, was auch der Vorliebe der Puchberger für sprechende Namen entgegen kam.

Die beschriebene Herkunftsthese ist leider (wie alle) nicht ganz lückenlos belegbar, aber gegenüber der bisherigen rein volksetymologischen Deutung “Berg, auf dem die meiste Zeit Schnee liegt”, als wesentlich besser wissenschaftlich fundiert zu bewerten.

Zusammenfassung:
1140 = Erstnennung der Ortsbezeichnung sneperc für das Schneedörfl.
1343 = Erstnennung als Berg in einer Handveste/Grenzbeschreibung als “alter Schneeberg”.

Quellen

1 – UBOE Urkundenbuch des Landes ob der Enns Band 1
2 – Weltin, Wehrbauten und Adelssitze NÖ II, Urkundenanhang 1, Nr.1, S. 327
3 – Weltin, Adelssitze III, S. 215
4 – StUB 2 S. 213 Nr. 141 Rein
5 – https://de.wikipedia.org/wiki/Lokator abgerufen am 27.3.2025
6 – StUB 2 S. 367 Nr.269
7 – UBOE IV, Nachtrag XVI, S. 564 und Lambacher Urkunde
8 – StLA Nr. 1213 Seckau, Kopie im NÖLA, Abdruck in Weltin, Adelssitze II, S. 329
9 – StLA Nr. 1299, Abdruck in Weltin, Adelssitze III, S. 361
10 – ttps://www.schneeberg-odenwald.de/kultur-geschichte/historie abgerufen am 27.3.2025